Stop Loss

Stop Loss Order: Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen

Wie funktioniert ein Stop-Loss?

Stopp-Loss Aufträge im Trading
Stop-Loss Aufträge im Trading

Die Verlustbegrenzung mit einem Stop Loss ist ein adäquates Instrument, das Trader zur Absicherung nutzen, falls sich ein Kurs entgegen der erwarteten Richtung entwickelt. Dies funktioniert, in dem ein Preis festgelegt wird, bei dessen Erreichen eine Position glattgestellt wird – die Position wird geschlossen. Sobald dies geschieht, wird eine Order an die Börse geschickt, die bei der nächstmöglichen Gelegenheit zum verfügbaren Preis umgesetzt wird. Ziel ist es nicht, den Verkauf am Optimum zu realisieren – wir wissen sowieso nie genau, wo dies sein wird. Stattdessen möchten wir – der Begriff sagt es schon – den möglichen Verlust begrenzen. Mit der Schließung erweitern wir unseren Bestand an Barmitteln, die uns vor den Unwägbarkeiten der Aktienmärkte und eigenen Emotionen schützen sollen. Viele Anleger sind sich allerdings der Gefahr nicht bewusst, dass die Ausführung der Stop Loss-Order in vielen Fällen nicht zum gewünschten, sondern zu einem deutlich ungünstigeren Kurs erfolgt. Der Einfachheit halber haben wir bei den nachfolgenden Order-Gebühren außer Acht gelassen, da sie im Vergleich zu den abzusichernden Risiken in der Regel marginal sind.

Warum benötigen wir einen Stop Loss, wir haben doch vorher alles gründlich analysiert?

Tatsächlich haben wir charttechnisch und fundamental vorher alles gecheckt und waren davon überzeugt, die Marktsignale richtig interpretiert zu haben! Die Wirklichkeit aber zeigt, dass nur der Markt wirklich Recht hat. Die eigenen Analysen können nur Anhaltspunkte geben, aber nie 100-prozentige Sicherheit. Ob Börsen-Crash wie 2008 oder nur eine kräftige Korrektur – im Vorfeld hat man mit der irrationalen Annahme, dass es immer weiter hoch geht, lange gutes Geld verdienen können. Tatsächlich nutzen wir als Trader genau diese Irrationalität in Form von Gier und Angst um von den daraus resultierenden Kursschwankungen profitieren zu können. Hinzu kommen neben den subjektiven Wahrnehmungen der Player an der Börse fundamentale externe Faktoren, die sich nie vorhersagen lassen werden wie Naturkatastrophen und politische, makroökonomische sowie unternehmensinterne Ereignisse. Dass man dabei auf dem falschen Fuß erwischt werden kann, liegt in der Natur der Sache. Wer in einer solchen Situation auf eine Kurserholung setzt, muss womöglich sehr lange warten. Bei Einzelaktien kann es auch vorkommen, dass es zu Insolvenzen kommt, die mit einem Totalverlust verbunden sind. Unabhängig davon gilt für Swingtrader die Empfehlung, Aktien und auch Leerverkäufe nicht über den Termin der Veröffentlichung der Quartalszahlen zu halten, da diese oft mit starken Kurssprüngen verbunden sind. Im Zweifel gilt das Motto „Cash is king!“.

Generelle Funktionsweise am Beispiel einer Long-Position

Beispiel: Nvidia (NVDA)

Chart auf Tagesbasis des Technologieunternehmens Nvidia (NVDA)
Trade mit der Nvidia-Aktie: Verlustrisiko circa 280 USD ohne Stop Loss, circa 42 USD mit Stop Loss

Der Trader ist im Besitz eines Wertpapiers – hier: die Nvidia-Aktie (NVDA). Dieses wurde in der Erwartung steigender Kurse zum Zeitpunkt  zum Kaufpreis von etwa 280 USD beim Breakout über den Widerstand erworben. Theoretisch hat er jetzt ein Verlustrisiko von 280 USD = 100 Prozent falls die Aktie auf 0 USD fällt! Auch wenn der Fall ein extremes Szenario darstellt, ist es durchaus möglich und auch geringere Kursausschläge können sehr schmerzhaft sein. Ein vorsichtiger Trader würde den Kauf mit einer Stop Loss-Order absichern. Er ist zwar grundsätzlich bullisch bezüglich der Aktie eingestellt, möchte aber dennoch sein Risiko gering halten, falls generelle Börsenturbulenzen auftreten oder das Wertpapier Opfer von Short-Attacken wird.. Angeboten hätte sich in diesem Fall, die Stop Loss-Order unter dem 50er-EMA bei 238 USD zu platzieren. Eine Rückschau im Chart der letzten 6 Monate von Nvidia zeigt, dass diese Marke nicht mehr durchbrochen wurde. Solange die Tagesschlusskerzen oberhalb der blauen Linie liegen, sehen wir es als Indikator an, dass der mittelfristige Aufwärtstrend intakt ist. Ein nachhaltiges Durchkreuzen etwa mit einer Tagesschlusskerze jenseits des erwarteten Trendverlaufs, dient häufig als Zeichen eines Trendbruchs. Für den Trader kann es sinnvoll sein, an dieser Stelle aus dem Trade auszusteigen und je nachdem wie der bisherige Verlauf war, Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Bei einem entsprechenden Stop Loss bei 238 USD, wäre das Verlustrisiko auf 42 USD reduziert worden.

Eingabe des Stop Loss per Bracket Order

Vorteilhaft ist es, den Stop Loss gleich beim Kauf in Form per Bracket Order einzugeben. Dadurch kann es vermieden werden, dass eine zeitliche Lücke durch die Dauer der Eingabe oder durch Vergessen entsteht, in der die Aktie ungeschützt im Markt ist. Der Trader kann sich im Vorfeld des Trades die Eckdaten zurechtlegen, die Order abgeben und sich relativ entspannt zurücklehnen.

Beispiel: SAP (SAP)

Chart auf Tagesbasis des Softwareunternehmens SAP
Ein Beispiel für das Setzen einer Bracket Order mit Stop Loss anhand der SAP-Aktie (SAP):

Der  Kurs notiert zu diesem Zeitpunkt etwas über 101 EUR. Wir könnten uns theoretisch – das heißt, ohne die weiteren Marktumstände näher zu betrachten – vorstellen, die Aktie beim Start des Schließens der Kurslücke zu kaufen und haben bei 102.07 EUR eine Kauf-Order am Markt platziert. Die Trader Work Station bietet uns beim Klick auf die bestehende Order mit der rechten Maustaste das Feld „Anfügen“ und dort den Menüpunkt „Bracket Order“. Das System erstellt von selbst eine Limit- und eine Stop-Verkaufsorder jeweils in der Größe des Kaufauftrages. Die Preise müssen noch angepasst werden. Denkbar wären dann folgende Eckdaten: 112.50 EUR für die Gewinnmitnahme (Profit Taker) und bei 97.40 EUR (Stop Loss), das heißt beim Durchbrechen der Umkehrkerze nach unten, die uns signalisiert, dass unsere Trade-Idee hinfällig ist. Die beiden Verkaufsaufträge müssen einzeln per Klick auf den Button „Übermitteln“ an den Broker übertragen werden. Es ist auch möglich beim Klick auf den Hauptauftrag nur einen der beiden Verkaufsaufträge mit „Limit“ für die Gewinnmitnahme und „Stopp“ für die Begrenzung des Verlusts am Markt zu platzieren.

Trailing Stop

Äußerst ärgerlich ist es, wenn die Aktie wie von uns prognostiziert ein schönes Stück gestiegen ist und dann aber zurück fällt und unser Stop Loss gerissen wird, so dass wir keinen Gewinn realisieren können und stattdessen doch einen Verlust einfahren müssen. Sinnvoll ist es daher eine dynamische Variante des Stop Loss, der Trailing Stop. Hierbei ziehen wir den Stop Loss schrittweise nach, so dass wir Kursgewinne nicht wieder vollständig hergeben müssen. Depotbanken und Broker bieten automatische Trailing Stops mit fixen oder prozentualen Abständen zum Kurswert an, besser ist es jedoch sich differenzierter mit dem Kursverhalten anhand des Chartmusters auseinanderzusetzen. Das Nachziehen der Trailing Stops sollte sich an konkret der Volatilität der Aktie, der Steilheit des Anstiegs und der Strategie des Traders orientieren.

Prinzipiell eignen sich als Stop-Marken:

  • Pivot-Hochs und –tiefs, beziehungsweise Unterstützungs- und Widerstandslinien
  • gleitende Durchschnitte; hierbei gilt die Regel, je steiler der Anstieg erfolgt, umso engmaschiger das Nachziehen der Stopps! Bei volatilen Werten wird das Signal öfter ausgelöst, daher ist das Risiko höher besonders schlechte Ausführungen zu erhalten.
  • Candlesticks: dabei ziehen wir den Stop Loss jeweils unter das Tief der letzten Kerze nach, aber nur, wenn diese ein neues Hoch ausgebildet hat

Beispiel: Netflix (NFLX)

Chart auf Tagesbasis der Technologieaktie Netflix
In diesem Beispiel konnte der Gewinn über Pivot-Tiefs über Monate hinweg immer weiter nach oben nachgezogen werden, bis im September das erste Verkaufssignal ausgelöst wurde.

Ein Blick auf das Kursverhalten der Aktie in der Vergangenheit kann helfen, herauszufinden, wo sich geeignete Kursniveaus befinden könnten. Selbstverständlich sollte auch die allgemeine Marktlage berücksichtigt werden. Klar ist, dass wir auch mit diesem Vorgehen uns dem idealen Verkaufspunkt nur annähern können. Wir würden diesen nur dann erreichen, wenn wir die Order genau am Höhepunkt platziert haben. In der Praxis ist dies aber eine reine Gedankenspielerei, daher sollten wir uns darauf konzentrieren, uns dem Optimum wie beschrieben anzunähern.

Umsetzung in der Praxis

Daytrader, die Kursverläufe aufmerksam betrachten, können mit einem mentalen Stop Loss arbeiten und per Limit- oder Market-Order umsetzen, sobald die entsprechende Kursmarke erreicht wird. Wichtig ist hierbei auf die Liquidität der Aktien zu achten. Je liquider, umso fairer die Preise und umso öfter kann mit Market- statt Limit-Orders gearbeitet werden und umgekehrt. Hierzu gehört auch die Disziplin, mögliche Kursverluste konsequent zu realisieren und nicht auf das Prinzip Hoffnung zu bauen. Letzteres könnte dazu führen, die Entscheidung immer weiter zu verschieben bis der Verlust wirklich schmerzhaft ist. Ziel sollte es ja stattdessen sein, das Risiko zu minimieren!

Stop Loss bei Gaps – was ist zu beachten?

Beim Daytrading haben wir den Vorteil, dass wir das Wertpapier nicht über Nacht halten und somit so gut wie kein Risiko haben, von einem Gap erwischt zu werden. Beim Swing- und Positions-Trading ist das per Definition anders. Über Nacht, bei Börsenfeiertagen und am Wochenende werden keine Kurse gestellt, so dass eine Kurslücke entstehen kann. Oft ist allerdings zu beobachten, dass nach einem Gap eine technische Gegenreaktion erfolgt, so dass mit dem Stop Loss womöglich die Ausführung zu einem sehr ungünstigen Kurs erfolgt. Insofern ist das Herausnehmen des Stopps in den ersten Handelsminuten mit späterem Nachziehen eine sinnvolle und erprobte Technik, die allerdings nur bei denen funktioniert, die wirklich sicher sein können, zum entsprechenden Zeitpunkt am Trading Desk sein zu können. Die Technik birgt leider das Risiko einer noch schlechteren Ausführung, wenn die technische Gegenreaktion wider Erwarten nicht eintritt. Wer weniger erfahren oder undiszipliniert ist, beziehungsweise keine Zeit hat, die Kurse kontinuierlich zu verfolgen, ist daher besser beraten, den Stop-Kurs als Market Order einzugeben und automatisch vom Broker ausführen zu lassen. Die Ausführungen per Market Order sind zwar in der Regel etwas schlechter als bei Limit Orders, haben aber den Vorteil, dass sie in jedem Fall umgesetzt werden und so vor einem noch tieferen Kursverfall bei händischem Nachziehen der Limitkurse bewahren. Bei Wertpapieren mit geringem Handelsvolumen besteht die Gefahr, dass Market Maker bei Market Orders die Situation ausnutzen und zu extrem niedrigen Kursen „abfischen“, so dass der Kursverlust noch einmal höher als erwartet ausfällt. Kritiker sehen hier die Gefahr gezielter Kursmanipulationen. Auch aus diesem Grund ist es sinnvoll, beim Screening vorab auf ein ausreichendes Handelsvolumen zu achten. Bei Limit Orders könnte es passieren, dass das Limit nicht greift und wesentlich tiefer neu gesetzt werden muss. Langfristig orientierte Anleger, die sich vorwiegend an Fundamentaldaten orientieren, verzichten auch aus diesem Grund auf Stop Loss-Orders und sehen – auch starke – Kursrückgänge als Gelegenheiten zum Nachkauf an.

Short-Positionen

Bei Short-Positionen, die wir zum Beispiel in Form von Leerverkäufen halten, funktionieren Stop Loss-Orders analog als Absicherungsstrategie falls Kurse sich wider Erwarten nach oben entwickeln. Die Umsetzung erfolgt in umgekehrter Weise. Der Stop Loss gilt als Obergrenze, bei der die Short-Position – etwa ein Leerverkauf – glatt gestellt wird. Damit entgehen wir der Verpflichtung, die Aktie zu einem noch höheren Preis zu liefern bzw. zurückkaufen zu müssen. Falls der Kurs wie von uns erwartet gefallen ist, ziehen wir den Stop Loss nach den bereits genannten Kriterien nach unten nach, um von einem weiteren Kursverfall profitieren zu können.

Auch hier sind es wieder die Gaps, die uns Kopfzerbrechen bereiten. Typische Situationen, in denen es speziell bei Einzelaktien zu extremen Kursanstiegen kommt, sind neben den bereits genannten Veröffentlichungen der Quartalszahlen:

  • Unternehmensübernahmen, die das Angebot an Aktien, die dem freien Markt zur Verfügung stehen verknappen und die Kursphantasien der Marktteilnehmer beflügeln.
  • Squeeze Out (siehe unten das Beispiel Tesla): dies ist der Fall, wenn es einen hohen Anteil an Leerverkäufern gibt, deren Erwartungen in fallende Kurse nicht erfüllt werden. Diese müssen sich kurzfristig mit entsprechenden Aktien eindecken, was den Kursanstieg verstärkt.
  • Überraschende, außerplanmäßige Erfolgsmeldungen zu Absatzzahlen oder Produkten

Grenzen des Stop Loss am Beispiel Squeeze Out bei Tesla

Beispiel: Tesla (TSLA)

Chart auf Tagesbasis des Elektrofahrzeugherstellers Tesla
Beispiel für den Squeeze Out einer Short-Position: Tesla (TSLA) im Zeitraum Januar/Februar 2020

Die Aktie hatte nach überraschend guten Quartalszahlen am 30. Januar mit einem Gap-Up von rund 8 Prozent (gemessen vom Tagesschlusskurs zum Eröffnungskurs des Folgetages) eröffnet. Im weiteren Verlauf gab bis zum Allzeithoch am 4. Februar gab es noch zwei weitere Kurssprünge (+4 und +13 Prozent) nach oben. Ursache war ein extrem hoher Bestand an Leerverkäufen (Spitzenwert vor dem Squeeze Out: 28,71 Prozent am 3. Februar 2020!), der darauf zurückzuführen war, dass viele Spekulanten hatten angesichts der seit Jahren ausbleibenden Gewinne darauf gesetzt, dass sich Elektromobilität nicht durchsetzen würde. Infolge des Kursanstiegs mussten die Leerverkäufer, Aktien zurückkaufen, was die Aufwärtsbewegung nochmals beschleunigte. Das Beispiel zeigt, dass der Stop Loss von Seiten der Leerverkäufer bei der Tesla-Aktie zwar prinzipiell funktioniert hätte, auf Grund der Gaps im konkreten Fall eine sinnvolle Kursmarke schwierig zu setzen war.

Profi Tipp: Achtet auf das Short Float in einer Aktie. Dieses gibt an, wie hoch die Leerverkaufsbestände in Prozent in einem bestimmten Wertpapier sind. Zahlen über dem Niveau von 10 Prozent deuten auf eine hohe Zahl von Leerverkäufern hin. In diesem Fall kann es bei einem Ausbruch nach oben häufig zu einem heftigen Short-Squeeze kommen.

Fazit

Als Trader sollten wir uns nicht auf unser Bauchgefühl verlassen, sondern  Positionen „immer“ mittels Stop Loss absichern. Damit bewirken wir, dass unser Trade in „normalen Marktsituationen“ weiterläuft, wenn sich die Situation wider Erwarten ändert, steigen wir aus und halten Cash. Bei der konkreten Umsetzung gibt es unterschiedliche Ansätze je nach Erfahrung und Strategie des Traders. Es gibt aber auch Situationen, in denen ein Stop Loss wenig hilfreich ist und schlechte Ausführungen liefert. Im Zweifel sind Cash-Positionen die bessere Wahl. Ein solides Screening der Wertpapiere mit einer breiten Diversifizierung sowie ein gutes Risk- & Money-Management können helfen, unangenehme Situationen im Vorfeld zu vermeiden.

Schlusswort

Viele Trader hadern immer mit der Angst, dass die Aktie, kurz nachdem man ausgestoppt wurde, auf einmal in die richtige Richtung geht und man den eigentlich geplanten Gewinn nicht mitmacht. Der Ärger ist groß und sehr viele fallen dann in die Angewohnheit, auf einmal keine Stopps mehr setzen zu wollen. Mach diesen Fehler ja nicht! Es ist immer besser einmal öfter als einmal zu wenig ausgestoppt zu werden. 

Für diesen Fall richte Dir einfach einen Strategieplan zurecht, wie Du nach dem ungeplanten Verkauf wieder in die Aktie kommst, wenn Sie in Folge doch wieder in Deine Richtung dreht. Ein Reentry ist jederzeit wieder möglich!

Quellen und weiterführende Hinweise

Bitte nehmen Sie den Disclaimer, die Interessenskonflikte und die Risikohinweise zur Kenntnis, die Sie unter https://ratgebergeld.at/disclaimer/ abrufen können.